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Der Käfer

Im Turm

In Gedanken versunken stand Marissa am Fenster, den Blick nach Osten gerichtet. Zwischen den Dampf und Rauch der Fabriken konnte sie hier und da die Schneise erkennen, welche die Eisenbahnschienen ins Ostviertel geschlagen hatten. „Mein Opa kannte die Stadt noch ohne Eisenbahn und ohne Rauch. Unglaublich wie schnell sich alles durch die moderne Technik geändert hat – und ich glaube nicht unbedingt zum besseren. Obwohl gerade ich dankbar sein sollte, sonst würde ich nicht hier stehen und auf die Stadt herunter blicken.“ Und das war in vielerlei Hinsicht wahr. Ohne die Industrielle Revolution wäre sie nicht die Erbin eines Millionen Vermögens. Ohne dieses Vermögen wäre sie nun nicht Marissa von Rabengrün. Den Adelstitel hatte sie sich angeheiratet. Ihr Eheman Eduard hatte das eh schon geringe Vermögen seiner Familie durch seine Opiumsucht ganz aufgebraucht. Für ihn war die Heirat die Befreiung aus der Finanznot, für Marissa der Adelstitel. Ein Arrangement zum beiderseitigen Vorteil, mehr nicht. Als sie wenige Wochen nach der Heirat das alte Stadthaus auf dem Paltin abreißen ließ und durch einen Turm ersetze hagelte es Proteste von allen Seiten. Aber das war die einzige Möglichkeit auf dem winzigen Grundstück eine halbwegs brauchbare Residenz zu errichten. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt: Von der Straßenseite sah es so aus also ob die Stadtpaläste der Nachbarn durch einen Turm mit 7 Stockwerken verbunden wären. Mit Amüsement hatte Marissa zu Kenntnis genommen, das einige Adelige ihren eigene Turm planten, natürlich mit mehr Stockwerken. Was diese nicht wussten, der von Rabengrün Turm war von Anfang an auf 21 Stockwerke ausgelegt. So schnell sollte er nicht als höchstes Gebäude im Adelsviertel überboten werden. Ein dumpfer Gongschlag riss sie aus den Gedanken, ihr Diener kündigte den Besuch Herr von Wiltson an. Tief Luft holend straffte sie sich, und kontrollierte, ob ihr Garderobe richtig saß. Besonderes Augenmerk verwendete darauf dass ihr linker Arm unter dem weiten Überwurf verborgen war. Seit etwas über einem Jahr hatte sie, seit dem schrecklichen Unfall bei dem ihre Eltern ums Leben gekommen waren, einen mechanischen Arm. Sie wollte einen guten Eindruck machen, und so ein Arm machte die meisten Menschen nervös. Einer ihrer Diener kündigte den Besuch an: „Graf von Wiltson, meine Dame.“ Er trat ein und begrüßte sie mit Handkuss. Der alte Herr war ein Gentelman der alten Schule, konservativ bis in Mark. Um so erstaunlicher dass er kurz nach dem Tee seinen Besuch angekündigt hatte. Jeder wusste, dass um diese Zeit der Hausherr „unpässlich“ war, außer man wollte mit ihm eine Opiumpfeife rauchen. Offensichtlich wollte der Graf also ungestört mit der Hausherrin sprechen, ein klarer Verstoß gegen die Etikette der besseren Gesellschaft. „Meine Verehrte, wie geht es ihnen?“ - „Danke der Nachfrage, Herr Graf. Ich bedauere dass mein Man sie nicht begrüßen kann.“ - „Wie bedauerlich. Nun ja, ich hoffe wir werden mein Anliegen auch ohne seine Anwesenheit besprechen können.“ Er wirkt nervös, und er wollte mit mir alleine sprechen stellte Marissa fest. Sie ließ ihm Zeit sich zu sammeln. „Wie geht es ihrem Bruder? Ich hörte seit dem fürchterlichen Absturz des Zeppelins, verbringt er jede Minute in seinem Labor.“ - „In der Tat. Er hatte damals nicht so viel Glück wie ich. Ich habe ja nur meinen Arm verloren, er ist zwar mit dem Leben davon gekommen, aber von seinem Körper ist nicht mehr viel übrig. Kein Wunder, dass er versucht einen Ersatz zu schaffen. Ich befürchte nur, dass er am Ende zu einem Monster aus stahl und Dampfkraft wird.“ - „Nun ich habe auf seine Expertise gehofft. Aber wie es scheint liegt mein Problem vielleicht doch auf einem anderen Gebiet.“ - „ Nun schildern sie mir doch das Problem. Ich bin zwar nur ein Weibsbild, aber die Gerüchte, dass ich alleine das Geschäft meiner Eltern weiterführe entsprechen durchaus der Wahrheit. Insofern…“ - „Ja da haben sie recht.“ Hüstel „Wie soll ich es ausdrücken. Also es ist so. Gestern Abend, beim Wein… Ich habe mich auf eine Wette eingelassen.“ Graf von Wiltson machte ein pause, während Marissa geduldig wartete bis er fort fuhr. „Nun eine Dummheit wie ich heute morgen erkannte, aber ich habe nicht vor sie zu verlieren: Ich habe mit dem jungen von Lidowitz gewettet, dass ich in einer Woche einen besseren und schnelleren Federmechanischen Käfer präsentieren könne als er. Das Problem ist, er hatte gestern einen Prototypen dabei, und ich habe keinen.“ Marissa beendete den Gedanken für den Grafen: „Und ich nehme an, dass sie weder jemanden haben der für sie daran arbeitet, noch jemanden kennen der so ein Wunder schaffen kann.“ - „Ja, leider“ stimmte von Wiltson zu, „Ich habe gehofft dass sie mir in dieser Angelegenheit vielleicht weiterhelfen könnten. Natürlich diskret. Der Ruf ihrer Familie führend auf dem Gebiet der Biomechanik zu sein hat mich hoffen lassen.“ Marissa überlegte. Es wäre eine persönliche Genugtuung von Lidowitz zu übertreffen. Bestimmt ließ sich eine Möglichkeit finden, dass er wüsste von wem er eigentlich geschlagen worden war. Und der alten Graf stünde in ihrer Schuld. Und bei diesem konnte sie sicher sein, dass er seine Wettschulden begleichen würde. Sie nickte zustimmend: „Ich werde sehen was ich machen kann. Es könnte knapp werden, aber wenn meine Leute bis zur letzten Sekunde Zeit bekommen. Wann und wo wäre die Präsentation?“ - „In meiner Stadtvilla, in genau einer Woche, also Mittwoch nach dem Abendessen.“ - „Gut, Herr von Wiltson, ein Bote wir an dem Tag während des Abendessens IHREN Käfer bringen.“ - „Das ist ein Wort. Mutiger als so manch ein Mann. Ich kann mich doch auf sie verlassen?“ - „Aber sicher.“ Marissa ließ sich noch den Prototypen den von Lidowitz beschreiben und verabschiedete dann den Grafen. Marissa nahm sich die Zeit über ihre nächsten Schritte nachzudenken, bevor sie nach ihrem Butler läutete: „Ich werde heute Abend einen Ausflug in die Schlammstadt machen. Die üblichen Vorkehrungen. Und sorge dafür dass dieser Brief sofort zu Peter gebracht wird!“

In der Schänke

Später an Abend, kurz vor Mitternacht, fuhr eine Pferdedroschke am Anwesen der von Rabengrün vor, und es stiegen eine schmächtige und zwei große, bullige Gestalten zu. Der Kutscher war ebenfalls Kräftiger als gewöhnlich. Die Kutsche rollte erst durch die von Gaslaternen erhellten Straßen der Oberschicht. Als sie in das Viertel der Handwerker einbogen wurden die Laternen spärlicher, um dann irgendwann ganz aufzuhören. Das Geräusch der Pferdehufe wurde hier von dem Matsch, aus dem der Weg bestand, geschluckt. Der dunkle stinkende Nebel kündete davon, dass sie sich im Gebiet der Schlammstadt befanden. Wer hier wohnt teilt sich oftmals mit der ganzen Familie einen Raum. Nur vereinzelt leistete sich hier jemand den Luxus einer Kerze. Schwankend hielt die Kutsche vor dem Hintereingang einer heruntergekommen Schenke aus der zu dieser Zeit noch stimmen drangen. Während die Kutsche hier wartete, Wurden die Fahrgäste vom Wirt empfangen und zu einem Hinterzimmer begleitet. „Ihre Gäste sind schon eingetroffen Fräulein Maria.“


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